Wenn schon Kompromiss…

                      … dann wenigstens das  Beste rausholen!

Meine Antennensituation ist wirklich eingeschränkt. Ich habe lediglich einen vertikalen Strahler mit 6,3m Länge, der mit einem automatischen Tuner CG-3000 gegen mehrere nicht resonante Radials angepasst wird. Dieser Strahler ist mit einem kurzen Masten an der Dachgaube montiert und reicht so ca. 2 bis 2,5 m über den Giebel hinaus ragt. Diese Antenne ist für die Bänder 30m bis 10m recht ordentlich, aber auf 40 gibt es schon eine kleine Einschränkung und auf 80m ist es mehr eine Stummelantenne mit geringer Abstrahlung. 

 

In Zahlen heisst das, auf 80m wird von 100 Watt gerade noch 1 Watt abgestrahlt. Dies hat ein befreundeter OM mit seinem Berechnungsprogramm ermittelt. Uff, und 99 Watt meiner 100 Watt werden irgendwo in Wärme umgewandelt. Auf 40 habe ich keinen Wert mehr, aber die QSO bestätigen, dass das Gebilde schon recht brauchbar ist und für cw-Anhänger sicher ausreichend. Doch wenn man schon so eingeschränkt ist, wie kann man aus dem kurzen Strahler für 80m noch etwas mehr herausholen?

 

Betrachten wir mal das angepasste Konstrukt:

Wenn der Tuner diesen Strahler auf 80m angepasst hat, dann sind wahrscheinlich sämtliche Spulen des Tuners aktiv, weil ja die mechanisch zu kurze Antenne mit Spulen elektrisch verlängert werden muss. Wer diese automatischen Tuner kennt, der weiß auch, dass dort zwar schöne Spulen verbaut sind, diese aber sicher nicht  die beste Wahl für ordentliche Verlängerungsspulen sind. Also, so war mein Gedanke, lagern wir diese Verlängerungsspule aus und setzen sie an den Speisepunkt am Strahler.

 

Diese Spule führe ich entsprechend größer aus, um eine höhere Güte zu erreichen. Doch was heisst „besser“ und „größer“? Und was wird das Ergebnis sein?

 

Im ersten Schritt musste ich erst mal ermitteln, was für eine Spule überhaupt passt, also wieviel µH ich brauche und mit welchen Dimensionen ich bei der mechanischen Größe rechnen muss. Dazu habe ich dieses Programm im Internet gefunden:

 

http://bornschein.one/Amateurfunk/kurzwelle/programm_endgespeiste_antenne.htm

 

Hier setzte ich folgende Überlegung an: Strahler 6,3m, Durchmesser 20mm, und das ergab eine Spule mit rund 30µH. Eine Spule mit großer Güte ist von den Abmessungen her so ausgeführt, dass Wickeldurchmesser ungefähr Spulenlänge ergibt. Das Programm bietet auch gleich die mechanische Berechnung der Spule an. Durchmesser eingeben, Drahtdicke und Windungsabstand und schon wird einem mitgeteilt, wieviel Windungen man braucht, wie lang die Spule wird und wieviel Draht man braucht.

  

Der erste Versuch war schnell durchgeführt. Eine Blechdose mit fast 100mm Durchmesser war der erste Wickelkörper und massiver Kupferdraht mit 1,5mm² Querschnitt der Spulendraht. 29 Windungen waren geplant und wurden auch umgesetzt. Damit die Spule in sich stabil war, habe ich die Windungen einfach mit Sekundenkleb zusammengeklebt. Nicht die beste Lösung, aber für den ersten Test ausreichend.

 

Schnell den Tuner etwas vom Speisepunkt der Antenne weggerückt und die Spule dazwischen geklemmt und gleich einen Test durchgeführt. Als Referenzstation diente eine Kurzwellenstation in ca. 12 km Entfernung, die mich aus früheren QSO kannte. Der erste Kommentar: Hei, so stark bist du noch nie bei mir gewesen! In Zahlen: vorher immer ein Rapport von 9 bis 9+10, jetzt 9+20! Das ist deutlich! Und auch andere Verbindungen zeigten schnell, dass OM´s aus Österreich und Norddeutschland mir durch die Bank bessere Rapporte gaben. Also voller Erfolg! Allerdings ist isolierter Draht für so eine Spule kontraproduktiv. Bei längeren Sprechdurchgängen konnte man einen deutlichen Anstieg der Stehwelle feststellen.

 

Somit war klar, diese provisorische Spule zeigte in der Signalstärke das Ergebnis, das ich mir wünschte. Ein weiterer OM aus einem Forum, mit dem ich diese Vorgehensweise abgestimmt hatte, prophezeite folgendes: Eine gute Spule am Speisepunkt wird einen Wirkungsgrad von 7% aus dem Gesamtsystem herausholen. Das ist immerhin das Siebenfache der Ausführung ohne Spule.

 

Der Wermutstropfen der ganzen Sache: Mit eingeschleifter Spule lässt sich die Antenne nicht mehr auf 15m anpassen. 17m geht gerade so noch, und 12m zickt auch herum. Zum Glück haben wir aktuell das Sonnenfleckenminimum anstehen, sodass die Bedingungen auf den tieferen Bändern überwiegen.

 

Schritt 2 der Umbauaktion:

 

Die provisorische Spule wurde wieder entfernt und sollte durch eine wirklich bessere Spule ersetzt werden. Aus Balsaholzresten habe ich mit ein Kreuz zusammengeleimt und dort mit einem 1,0mm Kupferlackdraht die Spule gewickelt. Dies eigentlich nur zu dem Zweck, um heraus zu finden, ob die wandernde Stehwelle wirklich von der Isolierung kommt. Ja, sie kommt davon! Die Rapporte waren wieder ähnlich gut wie vorher, aber bei voller Leistung verschlechterte sich die Stehwelle nur noch geringfügig.

 

Soweit ist alles schon gelaufen. Man macht sich seine Gedanken und kommt zu

 

Schritt 3 der Umbauaktion:

Ich will eine Lösung bauen, die gleich zwei, nein, gleich 3 Fliegen mit einer Klappe schlägt. Eine schöne, große Spule auf einem HF-tauglichen Träger mit 3mm-Kupferdraht, parallel dazu zwei Relais, um zwischen Spule und Direktanschluß hin und her schalten zu können und ein Kunststoffgehäuse, das mit einer Schelle am Mast befestigt werden kann und Spule als auch Relais vor Feuchtigkeit schützt.

 

Im Baumarkt gibt es jede Menge Kunststoffplatten in den verschiedensten Farben, die ich aus meiner Modellbauaktivität kenne. Die Platten sind 3mm dick und mit PVC-Kleber perfekt zu verkleben. Zudem kann man die Platten mit einem Hobbymesser gut schneiden und mit Schmirgelpapier verschleifen.Ein Microwellentest mit ein paar Stück von diesen Platten hat gezeigt, dass diese Platten HF-tauglich sind und sich nicht erhitzen. Von daher dürften sie als Träger und Gehäuse gut geeignet sein.

 

Mein Sohn brachte mir 10m Kupferdraht mit Querschnitt 6mm² vorbei, aus dem ich die Spule wickeln werde. Zwei Relais zur Überbrückungsschaltung sind noch in der Bastelkiste und Klebstoff hab ich auch noch jede Menge! Schnell waren die ersten Teile für einen Spulenträger geschnitten und zusammen geklebt. Doch so schnell sollte es nicht zum Erfolg führen. Kupferdraht mit 6mm² Querschnitt hat einen Durchmesser von ca. 2,7mm. So ein Draht ist störrisch und will mit ordentlich Kraft um den Träger gewickelt werden. Diese Belastung hält der erste Träger nicht aus, also ab in den Müll und nochmal neu.

 

Der neue Träger besteht aus 8 Rippen, die entsprechend großflächig miteinander verklebt wurden. Mit einem 2,7 mm Fräser habe ich dann Kerben in die Rippen gefräst, die dann den Draht aufnehmen werden. Auf den Stirnseiten dann noch ein Loch gebohrt, aus dem der Draht herausgeführt wird und gleichzeitig die Spule daran gehindert wird, sich wieder aufzuwickeln.

 

So die Theorie. Und Theorie und Praxis müssen nicht immer genau passen. Neulich in der Ausbildung gelernt, also so vor läppischen 30 Jahren, wie man so einen Draht wieder schön glatt und gerade bekommt, habe ich das Ende am Heizkörper befestigt, quer durchs Wohnzimmer den Draht gespannt und dann daran gezogen. Mit 1mm Draht klappt das perfekt! Mit 1,5mm Drahtdurchmesser geht das sicherlich auch noch, aber bei 2,7mm dickem Draht ist der Heizkörper einfach nicht fest genug an der Wand. Hei, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie stark ich gezogen habe und wie viel mehr ich hätte ziehen müssen, um hier das perfekte Ergebnis erhalten zu können! Nein, ich habe den Heizkörper nicht aus der Wand gerissen und das Wohnzimmer mit schwarzem, stinkigem Wasser geflutet… Aber der Draht wurde einfach nicht so schön glatt.

 

Gut, dachte ich, dann eben nur semioptimal, hatte ich einfach keine Lust, in den Garten zu gehen und eine One-Man-Show zu starten, wie sich ein alter Mann mit einem Kupferdraht beschäftigt, der an einem Baum befestigt ist. Die Vorstellung, ich wäre zu schwach, den gewünschten Effekt zu erreichen, diese Blamage, nein, das wollte ich mir in der Öffentlichkeit nicht geben… ;-)

 

Der gestreckte Draht lag dann im Wohnzimmer auf dem Boden. Rund 6,5m brauchte ich, fast 8m lagen vor mir und mindestens noch einmal so viel finden sich noch im Drahtwickel. (Hier an dieser Stelle einen lieben Dank an meinen Sohn, der sich auf der Suche nach entsprechendem Draht daran erinnerte, dass 6mm² ungefähr 2,7mm Durchmesser hat und er noch einen großen Wickel in der Schublade hatte. Nicht nur das, er stellte sich in den Hof, spannte den Draht auf und zog über die ganze Länge die Isolierung ab, die ich wegen der Dielektrizitätzsverluste nicht haben wollte. Also nochmal danke Kevin für deine Arbeit!)

 

Ich steckte den Draht durch die Spule und begann sorgfältig Windung für Windung aufzulegen. Unglaublich, wie störrisch so dicker Kupferdraht sein kann und wie sehr man nur geringfügige Abweichungen zwischen geradem und verbogenem Draht sieht als auch leichte Abweichungen der Kerben im Spulen sichtbar sind. Nichts desto trotz wickelte ich weiter. 29 Windungen später stand ich nun da und versuchte den letzten Rest so von innen nach außen durch das vorgesehene Loch zu stecken. Keine Chance. So ein Draht ist derart hartnäckig, da hilft nur noch, einen Schlitz in die Spule zu machen und den Draht dort mit Zange, Schraubenzieher und Hebelwerkzeug reinzudrücken.

Erkenntnis: Kompakt ist gut, bei solchen starren Drähten ist aber für den Anfang und das Ende der Spule irgendeine andere Technik sicher die bessere!

 

 

Die beiden Ende der Spule führte ich dann außen seitlich zurück bis zu Mitte der Spule und knickte sie dann um 90 Grad ab. Die Absicht dahinter: Das Magnetfeld, das sich in der Spule ausprägt, soll nach rechts und links wirken, wo nachher auch keine Fremdkörper von Koppler, Antenne und Dach wirken. Würde ich die Spule senkrecht stellen, würden Antenne und Koppler wie Kerne in der Spule wirken, was die Güte wieder in den Keller ziehen würde

 

 

Die Spule wurde dann mit zwei Kunststoffhaltern ausgeführt und in ein auf die Größe abgestimmtes Gehäuse gebaut. Oben und unten ein Loch für den eigentlichen Antennenraht, zudem ein weiteres Loch für die Steuerleitung. Es geht ziemlich eng zu, sodass der Anschluß der Relais an eine Lüsterklemme schon etwas Fingerfertigkeit verlangte. Diese Steuerleitung wurde dann auf den Stecker der Spannungsversorgung des Kopplers mit aufgelegt. Dieser Stecker hat 4 Kontakte und das reicht für Plus, Minus und zwei Steuerleitungen. (Bild 8 und Bild 9)

 

Damit ich die Ansteuerung vom Shak aus machen kann, bastelte ich mir noch ein kleines Gehäuse mit zwei Schaltern. Schalter eins zum ein- und ausschalten des Tuners  und einen zweiten Schalter mit Tastfunktion in beide Richtungen zum Ansteuern der Relais. (meine beiden Relais sind bistabil und brauchen zum Umschalten nur einen kurzen Impuls, man hätte es aber auch mit zwei monostabilen Relais machen können). 

Als alles fertig war, kam der Moment des ersten Tests. Alleine bei empfang war festzustellen, dass starke Signale mit eingeschleifter Spule auf 80m rund eine halbe S-Stufe stärker angezeigt wurden. Dieses ließ schon mal Freude aufkommen. Dann der Anruf einer österreichischen Station. Ein nettes QSO und die Bereitschaft, mal etwas genauer auf das S-Meter zu schauen. Doch welch Frust! Ohne Spule empfing mich der OM eine S-Stufe besser! Was ist passiert?

 

Weitere Kontakte bestätigten dann doch noch, dass in der Regel mit Spule das empfangene Signal gemittelt um 5dB, also fast eine Stufe besser von den Gegenstationen gehört wurde. Und das war das Ziel! Mit einem 6,3m langem Vertikalstahler ist auf 80m nun mal kein Blumentopf zu gewinnen, aber mit dieser Spule geht es ein klein wenig besser.

 

Auf 40m liegen noch keine verwertbaren Kontakte vor, aber hier zeigt es tendenziell kaum eine Veränderung, was mich auch nicht wirklich stört, weil es vorher soweit schon ganz ordentlich funktionierte.

 

Fazit der Aktion:

Es war eine kleine Herausforderung, dieses Projekt umzusetzen, aber Dank den Materialien preislich kein Problem. Die Vorarbeit, die möglichen Verbesserungen abzuschätzen, lohnt auf alle Fälle und erst Recht, wenn man mit einer eingeschränkten Antenne arbeiten muss. Da zählt jedes dB!

 

 

Die beiden Relais werden von einer separaten Box angesteuert, die ich auch gleich aufgebaut habe. Aktuell wird der Tuner automatisch mit Spannung versorgt, wenn ich meinen TS-850 einschalte. Aus diesem grund habe ich jetzt zwei Schalter eingebaut: Links zum Abschalten der Versorgungsspannung, um maximale Induktivität für Empfang zu bekommen und rechts den Schalter zur Ansteuerung der Relais.

 

Bei den Relais handelt es sich um Stromstoßrelais. Man braucht also nur einen Spannungsimpuls zum Schalten. Daher hat der Schalter zwei Stellungen ohne Raster. Nach oben geschalten ist die Spule überbrückt, nach unten geschalten in Reihe zum Strahler.

 

Umgekehrt ist es schon faszinierend, was mit so einer Antenne überhaupt geht und unterstreicht damit deutlich, dass QRP seine Daseinsberechtigung hat!

 

Was bei der ganzen Aktion noch einmal geholfen hat, waren ordentliche Radials. Anfangs hatte ich nur einige wenige Drähte über das Dach verteilt. Nach dem Umbau gings dann nochmal richtig zur Sache. Ich kaufte dünnen Klingeldraht und verlegte insgesamt 5 lange Radials, die auf dem Dach aufliegen und bis hoch zum First reichen. So habe ich jetzt 5 lange Radials untergebracht. Zudem habe ich an diversen Kupferteilen vom Dach Kabel angelötet, die ebenfalls als Gegengewicht wirken.

 

In wie weit diese Aktion der Signalstärke dienlich war, kann ich nicht genau sagen, aber der Tuner fand schneller eine Anpassung sowie blieb das SWR auch bei 100 Watt und langen Durchgängen stabil.